Saatgut ist bei „Select“ kein Einheitsbrei. Den Aufwand, um die Qualität unserer vielfältigen Samenangebote stellten wir in vorangehenden Blogs dar. Wir halten fest: Bewusstes Gärtnern und Konsumieren erfreut und trägt aktiv zum Erhalt der Arten- und Sortenvielfalt bei. Die Kulturgeschichte der Nutz- und Zierpflanzen reicht geschichtlich weit zurück und geografisch um den ganzen Globus. Der globale Handel hinterlässt mit Siegern und Verlieren, aber auch mit Regelungen seine Spuren.
Global denken, lokal säen
Diese Bemerkungen weisen auf die zwei Seiten einer Medaille, auf die Komplexität in den Bereichen des Saatguts und der Sorten. Seit Jahrzehnten sind nationale und länderübergreifende Sorten- und Saatgutrechte in Kraft. Sie regeln das Inverkehrbringen von Saatgut sowie die Rechte des Züchters auf den Schutz seiner Leistung. Zwiespältig sind dabei Aspekte der Patentierung, deren Konsequenzen z. B. die Organisation „Erklärung von Bern“ diskutiert. Durch staatliche Anerkennung von Saatgut und die Zulassung von Sorten erfährt jedoch auch der Verbraucher bzw. der Anbauer seinen Schutz – „Äpfel statt Birnen“ zu verkaufen geht definitiv nicht.
Die Nutzpflanzen für Landwirte und Gemüsebauern stehen bei diesen Regelungen im Zentrum, betroffen sind aber auch Konsumenten und Familiengärtner.
Schweizer JA zu Nischensorten
In der Schweizer Saatgutgesetzgebung, basierend auf Landwirtschafts- und
Sortenschutzgesetz
sowie Verordnungen zu
Vermehrungsmaterial und
Saat- und Pflanzgut sind die Samenbriefchen als Ausnahmen bezeichnet. Für sie gilt nicht die gleiche Kennzeichnungspflicht wie für das Saatgut, das die professionellen Gemüsebauern säen. Für diese Ausnahme hatten wir uns 2009 in der ProSpecieRara-Kampagne „
Vielfalt für alle“ erfolgreich eingesetzt. Somit darf in den Samenbriefchen weiter Saatgut von alten, lokalen Sorten angeboten werden, auch wenn diese nicht in einem offiziellen Sortenkatalog erfasst sind. Gleichzeitig dürfen Bauern diese als „Nischensorten“ bezeichneten Pflanzen anbauen und vermarkten. Select trägt dazu bei, dass mit den Samenbriefchen, die die Regeln im Sinne des Konsumentenschutzes erfüllen, alte Sorten – neben neuen – für alle jederzeit verfügbar sind und lokal gesät werden können.
EU-Saatgutgesetz
Heiss läuft die Diskussion um die EU-Saatgutgesetzgebung in den Nachbarländern. Eine Revision der EU-Gesetze, die 2014 bereinigt werden soll, sieht strenge Zulassungsverfahren für Saatgut vor. Es wird befürchtet, dass nur industrielle Sorten, vor allem F1-Hybriden, die Hürden für die Handels- und Anbauzulassung schaffen. Alte Sorten, Nischensorten, die im Hausgarten eine wichtige Rolle spielen, wären damit vom Aussterben bedroht. Das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement leistete mit der am 1. Juli 2010 unterzeichneten Saat- und Pflanzgut-Verordnung einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Sortenvielfalt. Es bleibt zu hoffen, dass die EU die Vorreiterrolle der Schweiz anerkennt und entsprechende Regelungen integriert!
Umweltschutz und Sicherheit
Invasive Neophyten – das sind Pflanzenarten, die einst als Zierpflanzen und Bienenweiden eingeführt wurden und nun ausserhalb der Gärten als gebietsfremde Invasoren die heimische Flora verdrängen. Handel und Anbau dieser bedrohlichen Exoten sind durch die
Freisetzungsverordnung geregelt. Neben 10 weiteren Arten ist z. B. seit Januar 2013 Einfuhr und Anbau der Kanadischen Goldrute (Solidago) verboten. Select erkannte die Problematik früh und verbannte Arten, die heute auf der „Verbotsliste“ stehen, schon vor langer Zeit aus dem Sortiment. Andere Pflanzenarten, die zum Verwildern neigen und deshalb überwacht kultiviert werden müssen (Watch-Liste), sind im Verkauf mit speziellen Hinweisetiketten zu versehen. In diese Gruppe gehört Topinambur. Wir meinen, dieses alte und rare Gemüse, das in der Gourmetküche ein Comeback erlebt, soll dem Garten und der Küche erhalten bleiben. Feine Topinambur-Rezepte und Informationen finden Sie im Buch „Jahreszeiten-Küche Gemüse“ der Erklärung von Bern/Unionsverlag.
Wir pflegen die Beständigkeit und den Mut zur Tradition. Deshalb achten und kontrollieren wir sehr bewusst, dass bei „Select“ kein gentechnisch verändertes Saatgut in Verkehr kommt. Die gesetzlichen Vorgaben (
Gentechnikgesetz, Freisetzungsverordnung sowie Saat- und Pflanzgut-Verordnung) erfüllen und ergänzen wir mit zusätzlichen internen Kontrollen (vgl. Details zu diesem Thema im
Blog 6/14 vom 17. Juli 2013). Gleichzeitig unterstützen wir konstruktive Veränderungen. Beispielsweise begrüssen wir die Bestrebungen, dass Bienen als Nutztiere im Landwirtschaftsgesetz anerkannt werden. Wir unterstützen die aufwändige Bienenzucht und Bienenhaltung mit unserem Saatgut für Bienenweiden.
Grundsätzlich sind wir bezüglich der Sortenvielfalt in unserer Tätigkeit durch die Schweizer Gesetzgebung weniger eingeschränkt als Unternehmer in der EU. Deshalb verfolgen wir aufmerksam die Diskussionen in der EU und engagieren uns dafür, dass dereinst eine Verschärfung des EU-Saatgutrechtes von der Schweiz nicht übernommen werden müsste.
Wyss Samen und Pflanzen AG, Dr. Maurin Oberholzer