Seit Beginn des Ackerbaues vor über 10‘000 Jahren arbeitet der Mensch mit Pflanzenzüchtung. Zuvor war er während Millionen von Jahren vom Evolutionsprozess der Pflanzen ausgeschlossen. Damals erzeugten Menschen durch Auslese und Kreuzung aus wildwachsenden Gräsern Getreidearten. Seither existiert eine gemeinsame Fortentwicklung zwischen Mensch und Kulturpflanzen – zuerst mit Nutz-, später auch mit Zierpflanzen. Züchter ruhen nie: Gärtnerische Zuchtsorten werden ständig durch verbesserte Nachfolgesorten abgelöst; neue Sorten ersetzen „Alte“.
Alte und neue gärtnerische Zuchtsorten
Ein Blick zurück zeigt, dass in vielen landwirtschaftlichen Regionen während Jahrzehnten lokale Sorten entstanden sind. Diese waren den regionalen Gegebenheiten angepasst. Heute sind sie oft rar oder verschwunden. Aufwand und Know-how der Erhaltung sind zu wenig interessant. Insbesondere robuste Sorten erhielten weite Verbreitung. Verständlich, dass Gärtner/innen auf klima- und krankheitstolerante Gemüsesorten setzen und dabei den Pflanzenschutz reduzieren. Da Schädlinge auch aktiv sind und versuchen die neuen züchterischen Barrieren zu überwinden, sind Züchter aufgefordert, ständig neue Resistenzen einzukreuzen. Dieser Ablauf gleicht einem Karussell, bei dem die Natur das Tempo bestimmt und neue Grenzen setzt. Beispiele sind Mehltautoleranz und Schossfestigkeit bei Blattgemüsen (Salat, Spinat), Resistenz gegen die Grüne Blattlaus bei Salaten, Toleranz gegenüber der Möhrenfliege bei den Karotten usw.
„Alt“ versus „neu“ ist keine Wertung. Heute „alte“ Sorten waren einst auch „neu-modern“. Auch „alte“ Sorten tragen Eigenschaften, die für die traditionellen Züchtungen morgen eminent wichtig sein können. Erinnert sei an die Kartoffel ‘Blaue St. Galler‘, eine Züchtung von heute mit grossartigen Eigenschaften und genetischem Ursprung im Gestern (‘Blaue Schweden‘ u. a.), oder an „alte“ Apfelsorten, die das Resistenzgen gegen Feuerbrand tragen.
Gemüse ist Geschmackssache
Fenchel, Randen oder Rosenkohl mögen nicht alle Leute. Gemüsearten sind im Trend oder in Vergessenheit. Die Marke Select hält auch den weniger trendigen Sorten die Treue. Hier finden Sie beispielsweise den Kabis ‘Thurner‘ oder Bodenkohlrabi ‘Schmalz‘. Beide waren bereits 1913 im Wyss-Angebot. Im Hausgarten kann Salat sehr viel bieten, da er nie frisch genug sein kann. Die Sorten ‘Maikönig‘, ‘Vierjahreszeiten‘ oder ‘Laibacher Eis‘ sind Sorten, die Wyss vor 100 Jahren offerierte und auch heute in Bio-Qualität liefert.
Kurz: Kultivieren Sie doch auch „alte“ Sorten. Sie tragen damit bei zum Erhalt der Sortenvielfalt. Wann hatten Sie letztmals Bodenkohlrabi genossen? Kennen Sie ein schmackhaftes Rezept, das Sie gerne weitergeben?
Wyss Samen und Pflanzen AG, Dr. Maurin Oberholzer