Woran denken Gärtner/innen beim Schlagwort „F1-Hybride“? An röhrende Motoren, an Michael Schumacher, an Sebastian Vettel? Wohl kaum – im Gegensatz zu den Motorsportfans vermutlich eher an den Mönch Johann Gregor Mendel (1822 - 1884), der vor rund 150 Jahren im Klostergarten von Brünn die Gesetzmässigkeit der Vererbung erforschte. An Erbsen und Zierpflanzen entdeckte er in den 1860er Jahren wie Erbmerkmale in den Samenkörnern an die nächsten Generationen weitergegeben werden.
Erfolgreich, aber unbeliebt
Anerkennung durfte Mendel nicht erleben. Erst rund 20 Jahre nach seinem Tod wurde die Bedeutung seiner „Mendelschen Regeln“ für die Vererbungslehre erkannt. Sie besagen unter anderem, dass in den Nachkommen (erste Generation) aus der Kreuzung von speziell und separat gezüchteten Eltern (oft Inzuchtlinien) die erste Tochtergeneration (lateinisch ‚Filia‘) – eben die „F1-Generation“ oder „F1-Hybride“ – sehr gleichmässige (homogene) und ausgeprägte Erbanlagen ausgebildet werden. Der Samen aus dieser Kreuzung wird als F1-Hybrid-Saatgut angeboten. Er trägt ganz bestimmte positive Eigenschaften der Eltern, die beim Wachsen zum Tragen kommen. Dies muss zuvor in langen Versuchsreihen ausgetestet werden. Der Aufwand, die richtigen Eltern zu finden, diese dann getrennt zu vermehren und schliesslich mit diesen zu bestäuben, ist sehr gross. Das schlägt sich im Preis nieder.
Aufgrund der positiven Wuchseigenschaften sind diese F1-Pflanzensorten in der professionellen Produktion von Gemüse und Blumen sehr gefragt. Samen aus diesen F1-Pflanzen zu gewinnen lohnt sich nicht, da sich die Erbmerkmale wieder ganz unterschiedlich ausbilden. Die Konsequenzen von F1 lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Spezielle Eigenschaften und besondere Leistungsfähigkeiten (z. B. Resistenzen gegen Mehltau und andere Schädlinge, Vitalität) sind oft nur so vererbbar.
- F1-Pflanzen sind sehr einheitlich. Sie blühen alle in gleicher Farbe, der Wuchs ist konstant oder sie sind gleichzeitig erntereif. Das ist ideal für maschinelle Ernte, wenn man alles zusammen ernten und dann verarbeiten (z. B. tiefgefrieren) will.
- F1-Saatgut muss immer neu gekauft werden. Eine Nachzucht aus dem Samen von F1-Pflanzen spaltet wieder auf, d. h. einzelne (unerwünschte) Eigenschaften der Eltern kommen wieder zum Vorschein (Mendelsche Gesetzmässigkeit), nicht aber unbedingt die Vorteile der F1-Generation.
Select bietet Wahlmöglichkeiten
Im Samensortiment von Select sind rund 90 % samenfeste, also offen bestäubte Sorten und 10 % F1-Hybriden. Kunden haben damit die Wahl zwischen „F1-Gipfelstürmern“ oder „Ausdauerläufern“. Auf die Technik übertragen könnte das die Wahl zwischen „Elektrobike“ oder „Allround-Reisebike“ sein. Damit wird auch klar, dass der professionelle Blumenzüchter und Gemüsebauer nach dem Motto „schneller, homogener, resistenter“ oft F1-Hybriden kultiviert.
Abgesehen von der Widerstandskraft spielen die weiteren Eigenschaften im Hausgarten eine marginale Rolle. Wer will schon alle Salatköpfe innerhalb dreier Tage ernten?
Gut zu wissen
- Bei Select sind die F1-Hybriden klar und gross auf der Tütenvorderseite deklarieret. Optisch sind die Sortenunterschiede nicht erkennbar. Samen von Bio-Spinat sieht dem von F1-Hybridsamen ähnlich.
- Select bietet F1-Hybriden, die einen eindeutigen Mehrnutzen für den Anbau im Hausgarten bringen. Beispielsweise ist der Sommerspinat ‘Ballet F1‘ sehr resistent gegen Mehltau und schiesst im Sommer lange nicht in Blüte. F1-Begonien sind homogen und früh blühend. Sie stammen übrigens vom Züchter Ernst Benary Samenzucht GmbH (DE), der vor rund 100 Jahren die ersten F1-Sorten einführte und von dem bereits G. Mendel das Saatgut für seine Versuche bezogen hat.
- Select verkauft keine Samen, auf denen ein Patentschutz besteht, und auch keine CMS-Hybriden, also Hybriden, die im Labor aus Cytoplastenfusion entstehen.
- Select will die Biodiversität nutzen und eine breite Arten- und Sortenvielfalt anbieten. Wir sind uns bewusst, die Vielfalt der Kulturpflanzen wird zusammen mit den wilden Pflanzenarten unser Überleben sichern.
Anbauer/innen sind sich bewusst, dass es hier keine absolute Gewissheit darüber gibt, was goldrichtig ist und was kreuzfalsch. Sicher ist einzig, dass die Kulturpflanzen – samenechte und Hybriden – nur dank der gärtnerischen und züchterischen Fürsorge überleben und damit unsere Ernährung sicherstellen.
Wyss Samen und Pflanzen AG, Dr. Maurin Oberholzer